Name:
Matrikelnummer: 55 16 242
Veranstaltung:
Vorlesung- Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit
Thema:
Krippe als Raum ästhetischer Bildung
Einleitung
und Definition meines theoretischen Ansatzes:
Zu
Zeiten Kants, also um 1800, mag es sicherlich von unverrückbarer
Wahrheit gezeugt haben, wenn ein solch allseits anerkannter wie
renommierter Philosoph über den unverzichtbaren Nutzen ästhetischer
Erfahrung und Bildung räsoniert hat. Gegenwärtig reicht allein ein
Name nicht mehr aus, um den Steuer zahlenden Bürger zu überzeugen,
dass die Ermöglichung ästhetischer Erfahrung in Kindertagesstätten
sowie an weiterführenden Schulformen unentbehrlich ist für die
Entfaltung von Eigenständigkeit, Kreativität und allen voran einem
erweiterten Bewusstsein vom eigenen Selbst.
Gewichtige
Argumente sind vonnöten und seh- und messbare Leistungssteigerungen
werden verlangt. Die ledigliche Behauptung von der Nützlichkeit und
das sich Stützen auf Autoritätsargumente zur Zementierung derselben
lässt die Bürger dieses Landes seit der Pisa Studie zu Recht kalt.
Die behauptete theoretische Wirksamkeit von Ideen muss sich mittels
Erprobung als wirksam erweisen. Solange dies nicht der Fall ist,
müssen sämtliche Pro- Argumente zwangsläufig auf taube Ohren
stoßen.
Ziel
ist also die möglichst simple Veranschaulichung von bekräftigenden
Argumenten. Dazu soll Schopenhauers Ästhetikverständnis
herangezogen werden, da dieser sich hinblicklich dieses Themengebiets
verdientermaßen einen Namen gemacht und maßgeblich zur
Weiterentwicklung desselben beigetragen hat. Wir wollen schauen,
inwiefern heute noch seine Reflexionen Gültigkeit genießen, in
einem Zeitalter quasi- freiwilliger Verblödung, die gefühlt
zumindest, von Tag zu Tag mehr und mehr zunimmt.
Einbettung
in die gesamte Folienreihe:
Aus
einer recht philosophischen Perspektive behandelte die Folienreihe
die Fruchtbarkeit der ästhetischen Idee. Hieran will ich anknüpfen,
wobei ich einen anderen Denker, als die in der Folienreihe zitierten,
in dieses Feld einflechten werde. Beigepflichtet werden soll dem
enormen Nutzen ästhetischer Erziehung und Erfahrung im Kindesalter
sowie in der Jugend.
Vertiefung:
Das
ästhetische Verständnis Schopenhauers wurzelt in Platons Theorie
der ideellen Natur der Dinge. Ergo sei ein jedwedes Ding substanziell
und allem voran Idee, etwas rein Ätherisches und als solches
losgelöst von Zeit und Raum. Die objektiven Dinge der Welt spiegeln
und inkarnieren gleichsam die reine Idee. Gleichwohl diese Idee der
sichtbarste Ausdruck der Materie ist, hält sie sich so lange im
Verborgenen, bis der menschliche Geist, der als einziger zur
Aufdeckung des genuinen Wesens der Dinge fähig, sich aufschwingt zum
Gipfel kontemplativen Betrachtens. Dort angelangt hört der wirre
menschliche Geist auf wirr zu sein, löst sich von allen
Verstrickungen und sieht Klarheit in der scheinbaren Verworrenheit
der Dinge, die nur deshalb demselben anhaftet, als dass sie den
Bedingungen des Satzes vom Grunde subordiniert ist, dem
materialisierenden Effekt der Scheinzeit und des Scheinraumes.
Es
würde den gesetzten Rahmen von einer Seite bei Weitem sprengen,
würde und wollte ich den Satz vom Grunde hier gebührlich darlegen.
Ferner ist er zum oberflächlichen Verständnis meines Ansatzes nicht
von Relevanz, wenngleich auch nicht völlig unerheblich, liegt doch
in ihm der Grund für das künstliche Schaupiel und die
Augenwischerei der Realität begründet, die uns unser Gehirn, der
eigentliche Intrigant und Hauptkomplize, als bare Münze zu verkaufen
sucht.
Aber
wie geht nun das kontemplative Schauen vonstatten und inwiefern hängt
es mit der Förderung des Individuums, insbesondere mit der des
Kindes zusammen? Nehmen wir als Beispiel das Betrachten eines
Gemäldes von Marc Charles Gabriel,
auf
welchem eine junge Frau abgebildet ist.
Phasen
kontemplativen Betrachtens:
Das
Erblicken des Bildes: Man sieht das Bild und tritt heran.
Die
geistige Vereinnahmung: Dieser Schritt geht gleichsam ohne unser
Zutun vonstatten. Geradezu magnetisch wird unser Blick angezogen und
augenblicklich findet (graduell unterschiedlich ausgeprägt) die
Versenkung in das Bild statt. Nicht Worte leiten diesen Akt ein,
sondern das Bild selbst. Weil es allerdings nicht Worte sind, die
unsere Aufmerksamkeit fesseln, sondern das quasi einfache Sein der
abgebildeten Person, schwirren auch keine Fragen oder sonstige
Inhalte wörtlicher Art in unserem Kopf. Es ist ein wortloser
Zustand, der uns unserer zeitlich- räumlichen Seinshaftigkeit
entledigt und uns in das Nirwana reiner Kontemplation und
Objektivation versetzt.
Die
Frage ist was es einem Menschen und speziell Kindern von Nütze sein
soll, wenn sie sich eben jener Erfahrung hingeben? Welchen geistigen
Profit können Kinder aus solchen das geistige Prinzip im Menschen
ansprechenden Übungen für sich herausziehen?
Sobald
Bewusstsein, also die Bewusstheit über das eigene und damit vom
anderen verschiedene Sein sich einstellt, und das Individuum über
seine gefühlsmäßige und körperliche Distanz und Kluft zum jeweils
anderen Individuum Klarheit erlangt, sieht der Mensch sich als
Einzelnes in die bunte Welt hineingeworfen. Wünsche, Verlangen,
Bedürfnisse und Hoffnungen zur Seins- und Selbstverwirklichung
plagen und bedrängen tagtäglich von nun an seinen Verstand. Leicht
verliert der Mensch durch die Verworrenheit im eignen Inneren und
derselben im Äußeren den Fixpunkt des wahrhaft Elementaren. Das
wahrhaft Elementare aber ist das Produkt ungestörter, besonnener
Reflexion. Die Fähigkeit zur derselben wird allerdings systematisch
durch exorbitanten Medienkonsum, den Inhalten von Zeitschriften und
überhaupt von Gütern, denen Glückswirkung zugedacht und
zugeschrieben wird, ausgelöscht. Erwachsene die auf diesen irrigen
Grundsätzen ihre Existenz aufbauen und Kindern, die solche als
Vorbilder nehmen, den falschen Weg aufzeigen, vergiften m. E. die
natürlich Fähigkeit im Menschen infolge nimmersatten Wollens, und
statt dass der Mensch auf das wessen er schon im Besitze ist
hingewiesen wird, wird ihm Glauben gemacht, dass es Unendliche viel
mehr zu haben gibt und gilt, d.h. ein langer Weg ihm noch bevorsteht
zur endgültiger Glückseligkeit. Die Wurzel dieses Übelstandes ist
allerdings von so hartnäckiger und unbeugsamer Art, dass sie sich
kaum tilgen lässt. Denn das was den Menschen veranlasst so zu
denken, ist ihm schon in frühesten Tagen quasi von allen Seiten
phraseologisch eingehämmert wurden. Du bist, was du hast. Und dass
was du hast, vergleicht sich mit dem der Anderen. Hast du auch viel,
gibt es da draußen jemanden, der mehr hat wie du. Reichtum ist rein
äußerlich fest zu machen. Innerer, da nicht währungskonform,
nichtig. Haben heißt die Devise.
Ich
glaube, dass man dieser Problematik angesichts der allseitigen
medialen Befeuerung nur dann beikommen kann, wenn man früh ansetzt.
Früh muss dem Kinde beigebracht werden, wobei sich das pädagogische
Tun in minimalsten Rahmen halten sollte, sich seiner eigenen
Fähigkeit zur Reflexion zu bedienen. Allein Reflexion ist ein
Zustand der Ruhe. Solange die Wogen nicht geglättet sind und die
tobenden Stürme außerhalb weiterhin über Einflussnahme verfügen,
kann sich kein wahrer reflexiver Status etablieren. Indes ist Ruhe
freilich die Frucht der Selbstwahrnehmung und Selbstgewahrheit. Ist
man sich selbst fern, im Äußeren verhakt und verheddert, wird Ruhe
bzw. Stille als unheimlicher Störfaktor empfunden, weil es den
herstellbar krassesten Diskrepanzzustand zum Status quo der Welt und
seinem Treiben und Getriebe darstellt. Man empfindet sich folglich
nicht der Welt zugehörig und teilhaft, und die mittels der
Zugehörigkeit zur Masse vollzogene Selbstidentifikation geht ihres
Fundaments verlustig. Deshalb meidet man die Ruhe und deshalb ist sie
dem deindividualisierten Menschen so verhasst, weil es ihm seinen
Spiegel (die Bindung zur Welt)aus der Hand reißt, ihn auf sich
selbst zurückwirft und ihn mit seinem plötzlich so fremden
respektive unbekannten und verkannten Ich konfrontiert. Ich ist Masse
und Masse Ich. Nimmt man dem Ich die Masse, entzieht man dem Ich
seinen Inhalt. Leerheit ist die Folge. Dieser kann lebenserquickende
oder gar lebensbedrohliche Konsequenzen zeitigen.
Nun
bestehen zwei Möglichkeiten um jenen reflexive Geisteszustand
herbeizuführen. Entweder man schafft im Kinde das Bedürfnis
hiernach und lässt es zweckdienlich in regelmäßigen Abständen aus
freien Stücken und ohne äußere Intervention und Wirkung sich
seiner selbst gewahr werden und schenkt ihm die Ruhe und Zeit zur
Entfaltung oder aber auch sofern man dies Kindesalter zu tun versäumt
hat, hofft man auf die Eingebung dieser Erkenntnisse vermittels
zufällig auf diese Gedankengänge führenden Erfahrungen. Eine unter
vielen Optionen zur Aktivierung ist wie schon angeführt das
Betrachten eines Bildes in einem Museum oder einer Galerie. Während
des Betrachtens scheint die Zeit still zu stehen respektive außer
Kraft getreten zu sein. Sie ist in einem Wort „ bedeutungslos“.
Die
einzigen bedeutungserhabenen Elemente sind das in Relation stehende
Sub- und Objekt. Das Subjekt als die Wahrnehmungsinstanz und das
Objekt als die sich wahrnehmenden Subjekt realisierende Stille. Alles
ringsum, der Tumult und Trubel, verblasst sukzessive bis es endlich
gleichsam seiner Existenz verlustig geht. Das Wegfallen des
„Drumherums“ geht mit der Zunahme der eigenen Selbstbewusstheit
einher. Die Energie, welche sich bislang ziellos im Raum zerstreute
fokussiert und konzentriert sich nun. Diese einfache Methode kann bei
regelmäßiger Verrichtung erster Schritt in diese Richtung sein.