§ 27 Die locatio conductio
1) locatio conductio rei
= Miet- und Pachtvertrag
locator (=
Bestandgeber) stellt das Objekt (locat rem); Bestandnehmern (conductor) nimmt
e
2) locatio conductio
operarum = Dienstvertrag
Dienstnehmer
(locator) stellt sich hin (locate se) bzw. stellt seine Arbeitskraft zur
Verfügung ((locat operas suas); Dienstgeber (conductor) nimmt ihn mit bzw.
nimmt die Arbeitskraft in Anspruch
3) locatio conductio operis
= Werkvertrag
Bestller
(locator) stellt Sache zur Bearbeitung hin oder vergibtein auszuführendes Werk
(locat opus faciendum); Unternehmern (conductor) übernimmt die Sache
locare =
hinstellen, conducere = mitnehmen
locatio
conductio ist ein der bona fides unterliegender synallagmatischer Vertrag
Konsensualvertrag
(kommt zustande durch Einigung über Leistung und Entgelt)
merces (Zins
beim Bestandsvertrag, Lohn beim Dienstvertrag, Werklohn beim Werkvertrag)
1. Abgrenzungsfragen
Miete: Sache
wird gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen
Pacht: Sache
wird zu Gebrauch und Fruchtziehung gegen Entgelt überlassen
Leihe:
unentgeltliche Gebrauchsüberlassung
Gebrauchs- und
Nutzungsüberlassung von Grundstücken: locatio conductio als schuldrechtliches
Vertragsverhältnis bringt nur Forderungsrechte zwischen den Parteien, Pächter
hat keine dingliche Position
Erbpacht: führt
zu beschränktem dinglichen Recht
(Nachklassik:
wirtschaftlich unterlegene colonus ist gegenüber dem mächtigem Grundherrn nicht
gleichberechtigt sondern gerät in ein Verhältnis personenrechtlicher
Abhängigkeit)
Dienstvertrag:
Arbeitsleistung als Bemühung wird geschuldet und Eingliederung in die
Organisation des Leistungsempfängers, Dauerschuldverhältnis
Werkvertrag:
Erfolg wird geschuldet, keine Eingliederung, Zielschuldverhältnis
Werklieferungsvertrag:
heute, wenn der Unternehmer das Material zur Verfügung stellt und ein Werk
daraus liefert
Cassius: Zerlegt
in Kauf des Materials und locatio conductio
Klassik: nimmt
hier nur Kauf an
§ 38 Der Inhalt der Obligationen
1. Dare, facere und praestare
in diese drei
Teile kann die Verpflichtung des Schuldner gegliedert werden
dare =
geben, technische Verschaffung von (zivilem) Eigentum
diese
Verpflichtung kann zB den Stipulationsschuldner treffen, der die datio eines
Grundstückes, eines Sklaven (certa res) oder eines Geldbetrags (certa pecunia)
verprochen hat
Facere =
jede Handlung oder Unterlassung
zB die
Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung
Praestare =
leisten im weiten Sinn, auch Gewährleisten und Einstehen
2. Verträge zugunsten
Dritter
A schließt mit B
eine Vertrag ab, der zum Inhalt hat, dass C daraus ein unmittelbares
Forderungs- und Klagerecht erlangt = echter Vertrag zugunsten Dritter
war im röm.
Recht nicht anerkennt und somit unwirksam (niemand kann sich für einen anderen
etwas versprechen lassen)
Leistung eines Dritten
soll bewirkt werden, dieser hat aber kein eigenes Forderungs- und Klagerecht =
unechter Vertrag zugunsten Dritter
anerkannt wenn
eine Partei ein Interesse an der Leistung des Dritten hatte
3) Stück-, Gattungs- und Wahlschuld
Unterscheidung
ist wichtig für die Gefahrtragung
Stückschuld
(species-Schuld):
Leistungsobjekt
wird von den Parteien individuell bestimmt (zB der Sklave Titus)
Stückschuld:
Leistungsobjekt geht durch Zufall unter: Gläubiger trägt die Gefahr
Gattungsschuld
(genus-Schuld):
Leistungsobjekt
wird nach Gattungsmerkmalen bestimmt (zB 100 Scheffel Weizen)
zu
Gattungsschuld gehören insb. die Geldschulden
Gattungsschuld:
Schuldner trägt zunächst die Gefahr, gehen einzelne Stücke unter müssen andere
geleistet werden weil die Gattung nicht unter geht
spätestens bei
der Erfüllung müssen die konkreten Stücke bestimmt werden = Konkretisierung
oder Individualisierung = Konzentration der Gattungsschuld auf einzelne Objekte
--> Gefahr geht damit auf den Gläubiger über
beschränkte
Gattungsschuld: (Vorratsschuld)
Leistungsobjekt
ist aus bestimmten Vorrat zu Leisten (zB Wein aus dem Keller des Lucius)
nur bei
Vorratsschuld kann durch zufälligen Untergang des gesamten Vorrats der
Schuldner frei werden
Wahlschuld (obligatio
alternativa)
zwei oder
mehrere Objekte, nur eines ist zu leisten
Wahlrecht steht
dem Schuldner zu
zu unterscheiden
von der Ersetzungsbefugnis, bei der nur ein Objekt geschuldet ist, der
Schuldner sich durch Erbringung einer anderen Leistung - die nicht Schuldinhalt
ist - befreien kann
S schuldet das
Objekt A oder B - wenn eines zufällig untergeht ist das andere zu leisten
zunächst trägt
also S die Gefahr
bei der
Ersetzungsbefugnis: S schuldet das Objekt A, kann sich durch Leistung von B
befreien: wenn A zufällig untergeht, muss B nicht geleistet werden weil B nicht
geschuldet wird; Untergang von B beseitigt bloß die Ersetzungsbefugnis
4. Typisierung der Vertragspflichten
1) Haupt- und
Nebenpflichten
Leistungen die
das jeweilige Schuldverhältnis charakterisieren
Nebenpflichten
können sich aus einer Parteiabrede oder auch ohne eine solche häufig
unmittelbar aus der bona fides ergeben zB Informations- und Aufklärungspflicht,
Pflicht zur Herausgabe von Urkunden, Zinzahlungspflicht, Schutz- und
Sorgfaltspflicht gegenüber dem Gläubiger
2) Primäre und sekundäre Leistungspflicht
primäre
Leistungspflicht des Schuldners: Hauptleistung erbringen und allfällige
Nebenpflichten erfüllen
wenn diese
verletzt wird, kann an deren Stelle oder neben sie als sekundäre
Leistungspflicht eine Schadenersatzpflicht treten
klass. röm
Zivilprozess: condemnatio pecuniaria: Richter kann nur auf Geld verurteilen
5. Zeit und Ort der
Leistung
heute:
Holschuld, Bringschuld, Schickschuld
Leistungsort
ergibt sich aus Parteivereinbarung
dann aus der
Natur oder dem Zweck des Geschäfts
ansonsten:
Gattungsschulden:
Leistungsort ist dort wo geklagt wird (Wohnsitz des Schuldners)
Species-Schulden:
Leistungsort ist wo sich die Sache befindet
Leistungszeit
ist Zeitpunkt, zu dem die Leistung vom Schuldner erbracht werden muss und vom
Gläubiger verlangt werden kann (Fälligkeit der Verpflichtung)
wenn es sich
nicht aus den Umständen anders ergibt oder bei selbst vorgenommener Befristung:
Fälligkeit und Klagbarkeit treten sofort ein
6. Zinsen
Entgelt für die
Nutzung fremden Kapitals
Zinszahlungspflicht
als besondere Nebenpflicht nur bei Geldverbindlichkeiten
gesetzliche
Zinsen: gebühren ohne besondere Vereinbarung kaft Gesetzes oder aus der bona
fides
vertragliche
Zinsen: gebühren aufgrund von Pareienabrede
Höhe des
Zinssatzes wird entweder von den Parteien bestimmt oder dem mos regionis
entnommen (ortsüblicher Zinssatz)
es gab
Höchstzinssätze: XII Tafeln: 1/12
7. Schadenersatzpflicht
1) Anspruchsgrundlage
Schadenersatzpflicht kann entstehen
aus einer
Verletzung einer vertraglichen Pflicht gegenüber dem Partner
Schadenersatzpflicht
= sekundäre Leistungspflicht ex contractu (vertragliche Schadenshaftung)
aus der
Verletzung einer allgemeinen Vertragspflicht gegenüber jedermann
durch Delikt
entsteht eine Obligation, in welcher der Schadenersatz nicht Sekundär-, sonder
Primärleistung ist (Schadenersatz ex delicto, deliktische Schadenshaftung)
diese beiden
Arten können miteinander konkurrieren (zB Entlehner beschädigt schuldhaft die
Sache des Verleihers)
2) Art der Ersatzleistung
heute:
Eratzpflichtiger ist zur Naturalrestiution oder wenn dies nicht möglich ist,
zum Schätzungswert in Geld verpflichtet
röm Prozess
kennt nur Geldverurteilung, außer Klagsformeln mit Arbiträr- oder
Restitutionsklausel (actio doli) ermöglich es dem beklagtem Schädiger, noch
während des Prozesses Natrualrestitution zu leisten und dadurch der
Geldkondemnation zu entgehen
3) Schaden und
Schadensberechnung
ABGB § 1293:
Schaden ist jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner
Person zugefügt worden ist.
neben erlittenem
Schaden kann der entgangene Gewinn ersatzfähig sein
röm Recht kennt
wegen Prinzip der Geldverurteilung nur materielle Schäen an, aber beim Delikt
iniuria auch materielle Beeinträchtigungen
für das Röm
Recht ist der Schadenersatz vor allem eine Frage der Formelgestaltung und der
Formelauslegung (BS S 199)
4) Positives und negatives
Interesse
positives
Interesse: Erfüllungsinteresse, Ersatz des Nichterfüllungsschadens
der Geschädigte
soll so gestellt werden, wie wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre
ist zu ersetzen
wenn eine bestehende vertragliche Leistungspflicht nicht erfüllt wird
negatives
Interesse: Vertrauensinteresse, Ersatz des Vertrauensschadens
der Geschädigt
soll so gestellt werden, wie wenn er auf das Zustandekommens des Vertrages
nicht vertraut hätte
zB beim Verkauf
von verkehrsunfähigen Sachen: Verkauf eines öffentlichen Grundstücks -
Kaufvertrag ist unwirksam, K kann von V weder Erfüllung noch das
Erfüllungsinteresse verlangen, Vertrauensschaden sind ihm etwa frustrierte
Planungsaufwendungen (zB Architektenhonorar) oder Kosten sonstiger frustrierter
Dispositionen
8. Konventionalstrafe
Parteien können
für Verletzung einer bestehenden Vertragspflicht (Nichterfüllung, Verzug,
andere Verletzung von Nebenpflichten) eine poena in Geld vorsehen = echte
Konventionalstrafe
meist in
Stipulationsform vereinbart (stipulatio poenae)
pauschalierter
Schadenersatz, kann mit Klage aus Stipulation geltend gemacht werden - steht in
Konkurrenz zur Vertragsklage
Vorteil für den
Geschädigten, dass er die Höhe des konkreten Schadens nicht nachweisen muss
Nachweis udn
Geltendmachung eines höheren Schadens mit der jeweiligen Vertragsklage bleiben
bei bonae fidei iduicia möglich
unechte
Konventionalstrafe = wenn ein an und für sich nicht geschuldetes, aber
erwartetes Verhalten durch Vereinbarung einer poena indirekt erzwingbar gemacht
wird